Pisco bis Puno
Obwohl wir eigentlich hätten weiterreisen wollen, liessen wir uns überzeugen, eine weitere Nacht in Huacachina zu bleiben und eine Buggy-und-Sandboard-Tour zu machen. Der Fahrer des Buggys war absolut durchgeknallt und fuhr wie ein Irrer, was uns Touristen zwar Angst machte, aber auch das Gefühl einer Achterbahn vermittelte und unheimlich viel Spass machte. Wir durften auf gefetteten Holzbrettern die steilen Dünen hinunterfahren, was uns ebenfalls einen Adrenalinkick gab, aber viel weniger gefährlich war als es sich anfühlte. Der Sonnenuntergang war spektakulär.



Auf dem Weg zu den Nazcalinien fuhren wir an den Palpalinien vorbei. Diese sind kleiner, dafür schräg an Hügel gemacht, sodass man sie auch ohne Flugzeug sehen konnte. Fast gleich interessant war das lokale Mittagessen, welches wir in Palpa hatten. Was man nicht alles in so einer Suppe finden kann...




Die Nazcalinien, die früher vermutlich rituellen Umzügen dienten, waren ebenfalls eindrücklich. Einen Flug über die Gegend wollten wir trotzdem nicht machen, da wir vom Aussichtsturm und mit der Drohne sicherlich genug sehen würden.
Ganz in der Nähe befindet sich die Ruine von Cahuachi. Diese war imposant, aber einmal mehr vermissten wir Erklärungen jeglicher Art. War es ein Tempel? Wohnten hier Menschen? Wozu dienten die verschiedenen Räume? Bestimmt gibt es Leute, die das wissen, aber weitergegeben werden die Infos an Touristen nicht.


Die Fahrt nach Cusco dauerte gefühlt ewig. Dies war einerseits der Steilheit der Strasse verschuldet, andererseits der chaotischen Verkehrsführung in einigen Ortschaften. Eine Umleitung hätten wir ohne die grosse Bodenfreiheit wohl nicht geschafft... Aber irgendwann kamen wir an! Von einer schwachen Lebensmittelvergiftung geschwächt waren wir eher weniger aktiv in dieser Stadt, aber wir erledigten alles, was nötig war. Immerhin die Ausgrabungsstätte Sacsayhuaman konnten wir noch besichtigen, bevor wir weiterfuhren. Wie die alten Inkas diese Steine so präzise formen konnten, ohne einen sinnvollen, geometrischen Plan, werde ich nie verstehen...



Da wir nach dem Aufenthalt in der Stadt wieder einmal vorerst genug von Menschen hatten, fuhren wir eine sehr einsame Strasse entlang, wo wir beim Nevado Suyuparina erstaunlich nahe an die Gletscher kamen – und wir erleichtert feststellen durften, dass unser Biest auch auf 5200 Meter über Meereshöhe gut funktionierte. Wir trauten uns trotzdem nicht den Motor auszuschalten, zu gross war die Angst, dass er nicht mehr anspringen würde.



Bei den Gletschern fanden wir auch wieder Herden von Alpakas, Lamas und Vikunjas, die uns so sehr faszinierten, dass Marc trotz der enormen Höhe mit der schweren Kamera den scheuen Herdetieren hinterherrannte. Ich blieb schön brav im Auto und sparte den ohnehin schon knappen Sauerstoff 😉



Wie auch schon bei Macchu Picchu hatten wir solche Angst vor den Meschenmassen, dass wir statt dem Rainbow Mountain (auf Spanisch so schön «Montaña de 7 Colores») zum Pallay Punchu fuhren und dort die farbigen Schichten der Berge bestaunten – und das fast ganz alleine!
Da es wenige windgeschützte und angenehme Übernachtungsorte unter 4500m in der Nähe hatte, gaben wir nach und besuchten die nicht besonders kreativ benannten Aguas Calientes. In diesen heissen, zum Teil mit Kräutern versehenen Quellen konnten wir uns aufwärmen und auch gleich auf dem Gelände übernachten.



Cotopaxi bis Pisco
Weil wir uns an die Höhe gewöhnen wollten und die Berge hier grossartig waren, gingen wir tags darauf zum Iliniza Norte, wo ich mich um Cheesecake und Brot kümmerte, während die drei Alpinisten einen weiteren eindrücklichen Gipfel erkammen.
Einmal mehr tat es weh, uns von Anni und Bene zu verabschieden, aber wir machten uns auf den Weg zum nächsten Vulkan. Chimborazo ist der höchste Berg Ecuadors und sieht inmitten einer weiten, relativ flachen Hochebene extrem eindrücklich aus. Alle drei Teilnehmer unserer Panamericana-Expedition erreichten hier ihren persönlichen Höhenrekord: Das Biest wartete auf dem Parkplatz, der immerhin auf 4850 m.ü.M. liegt, während wir zum Whymper Refugio auf 5100 Meter hinaufwanderten. Aufgrund des starken Windes konnten wir aber leider nicht mit Aussicht auf Chimborazo campieren, sondern mussten dies auf dem Weiterweg nach Süden machen.



Einen Halt machten wir natürlich in Cuenca. Diese hübsche Kolonialstadt verwöhnte uns mit drei Lebensmitteln in fantastischer Qualität: Bier in der Brauerei Latitud Cero (die überhaupt nicht genau auf dem Äquator liegt), Käse bei einem klitzekleinen Stand neben einem Dunkin’ Donuts und Pizza bei Fabiano’s.



Vor der Grenze nach Peru übernachteten wir bei einer archäologischen Ausgrabungsstätte, die zwar erstaunlich gross und unglaublich interessant war, aber leider von der Regierung nicht unterstützt wurde, sodass einige wenige Archäologen die Ausgrabungen und Untersuchungen auf eigene Faust anstellen mussten. Sie gaben uns auch eine kostenlose Führung durch das ungefähr 5500 Jahre alte Dorf, in welchem 80 Familien in runden Häusern gewohnt hatten. Die Mauern waren grösstenteils noch immer intakt. Man konnte die rituellen Opferplätze, den Schlafplatz des Schamanen, Gräber und vieles mehr noch gut erkennen. Und doch sei doch vieles unentdeckt – die Siedlung könnte sich noch weit durch das Tal erstrecken.



Da wir einen abgelegenen Weg durch die Berge gewählt hatten, war der Grenzübergang nach Peru extrem klein. Vor der Ausreise warteten wir erst mal, bis die Grenzbeamten aus der Mittagspause zurückkamen. Danach ging alles absolut rund. Die erste Sehenswürdigkeit auf peruanischem Boden, welche wir besichtigten, waren die Gocta Wasserfälle. Die Wanderung war sehr steil, obwohl man am Ende fast auf dergleichen Höhe endete, wie man begonnen hatte. Doch da es kaum Brücken gab und die Wegführung verschiedene Höfe unterwegs berücksichtigte, absolvierte Marc das letzte Stück des Weges alleine, während ich an einem wunderschönen Aussichtspunkt die Ruhe und die Natur genoss.
Immer mal wieder müssen Unter- und Haushaltsarbeiten erledigt werden. Wie früher teilten wir uns diese Aufgaben auf und während Marc die Reifen rotierte, die Batterie mit Bushmechanics flickte und das Getriebeöl kontrollierte, nähte ich einen neuen Schutz um unsere Magnethaken, wusch Kleider und sorgte für frisches Sauerteigbrot.



Da uns unser Weg ohnehin daran vorbeiführte, verbrachten wir einige Stunden in Kuelap. Diese riesige, mittelalterliche Stadt wurde auf einem Berg auf über 3000 Metern erbaut und ist einfach riesig. Da die Mauern der Festung instabil waren, waren Bau- und Konservationsarbeiten im Gange. Dennoch konnten wir auch ohne Führung einen spannenden Eindruck ins Leben der Chachapoya gewinnen. Extra hierfür wurde sogar eines der Häuser nachgebaut und zur Anschauung möbliert (zeitgetreu nicht mit IKEA).



Einer der Gründe, warum wir den Overlanding Reisestil so mögen, ist der Kontakt mit Einheimischen. So wurden wir auf einer der hübschen, aber gewundenen Landstrassen von einem anderen Auto angehalten, weil der Fahrer, Ibo, uns einen besseren Weg nach Cajamarca zeigen wollte. Unterwegs machten wir noch einige Zwischenhalte, damit Ibo uns die Dörfer, in denen er aufgewachsen war, zeigen konnte. Zum Schluss führte er uns zu den Projekten seiner Familie und erklärte, er wolle den Norden Perus für den Tourismus interessanter machen. Daher baut er luxuriöse Mietwohnungen, Hotels, Cabins und Campingplätze und erstellt Touren zu allen Sehenswürdigkeiten der Region.
A propos regional – endlich schafften wir es, Meerschweinchen zu probieren. Wir sind der Meinung, dass diese Tiere besser als geliebte Haustiere geeignet sind. Es ist so wenig Essbares unter all dem Fell und lecker fanden wir es auch nicht (wer weiss, vielleicht lag das aber auch daran, dass es uns mit allen Innereien serviert wurde und irgendwie nach schlabberigem Hühnchen schmeckte).


Die Reise durch die Anden war umwerfend schön. Man kam kaum vorwärts – wie auch, es war eng, steil und sehr hoch oben – aber umso mehr konnten wir die Landschaften bewundern. Obwohl manchmal die Hauptverkehrsachse am Ende der Welt plötzlich durch eine gigantische Mine führte...



Als wir eine alte Frau einige Stunden im Auto mitnahmen, wurde uns die völlig andere Lebensrealität der Menschen, die in den entlegenen Dörfern oder Höfen in den Bergen leben, bewusst. Diese alte Frau musste nach Pampas, weil sie Medikamente benötigte. Öffentliche Verkehrsmittel existieren aber hier nicht und sie besitzt weder Motorrad noch Pferde oder Esel. Hätte sie nicht bei uns mitkommen können, wäre sie an einem Tag zehn Stunden und mindestens tausend Höhenmeter gewandert.
Die Strassenführung überraschte uns auch nach mehreren Tagen immer wieder. Während der Weg meist nahe des Talbodens entlang führte, musste man oftmals mehrere hundert Höhenmeter hoch und wieder runter, wenn irgendwo am Berg ein kleines Dorf lag...




Der Canyon del Pato ist für seine engen Strässchen bekannt. Sie führen durch viele, ebenfalls enge Tunnels und bieten grossartige Möglichkeiten für Fotos mit Kamera und Drohne – wenn denn der Wind nicht zu stark ist...


Um uns auf die Wanderung zur Laguna 69 vorzubereiten, fuhren wir zunächst zur Laguna Paron. Ein massiver Felssturz versperrte seit Monaten die letzten paar hundert Meter zum Parkplatz und Campingplatz, jedoch konnten wir zu Fuss passieren und einen kleinen Spaziergang machen, bis der Weg plötzlich auch in einer Felswand (oder im See) verschwand.


Im Huascaran Nationalpark machte der halbkranke Marc gleich zwei grosse Wanderungen von über 800 Höhenmetern hintereinander. Die zweite machten wir gemeinsam zur berühmten Laguna 69, wobei sich das frühe Aufstehen lohnte: Auf dem Runterweg kamen uns an die 100 Personen entgegen, während wir die Lagune fast für uns alleine hatten.



Die nächste Woche (oder etwas mehr) verbrachten wir damit, durch die entlegenen Anden zu fahren. Besonders viel zu berichten gibt es, abgesehen von einer sehr abenteuerlichen Tankstelle, eigentlich nicht. Wir sahen einfach wunderschöne Landschaften, genossen die Abgelegenheit und staunten, dass es auf fast 5000 Metern über Meer noch weidende Kühe gab.






Schon lange hatten wir geplant, Zeit im Paracas Nationalpark zu verbringen. In diesem verbrachten wir zwei theoretisch verbotene, aber in der Praxis geduldete Nächte und genossen die spannende Landschaft, wo Wüste und Meer aufeinandertreffen.
Natürlich durfte auch etwas Dünenfahren nicht fehlen, schliesslich wurde unserer Familie schon in Dubai gesagt: «Toyota Land Cruiser. King of desert!»




Die farbige Lagune im Park war ebenfalls zwei Drohnenakkus wert!


Nach all diesen Eskapaden wurden wir in Ica beim Ölwechsel wieder auf den Boden der Tatsachen geholt, als das Öl richtig dickflüssig war, der Luftfilter fast eine halbe Stunde lang unter der Druckluftpistole Staub und Sand verlor und es eineinhalb Stunden dauerte, das Fahrzeug wieder halbwegs sauber zu kriegen.
Nach diesem Wellnessprogramm fürs Auto gönnten wir auch uns Menschen etwas Gutes und besichtigten ein Weingut. Gemeinsam mit zwei weiteren Reisepaaren aus der Schweiz durften wir den Hof und die Herstellungsstätten besichtigen und danach auch gleich acht der Produkte probieren, wobei die ganze Tour von einem hyperaktiven Kätzchen immer wieder gestört wurde.



Las Lajas bis Cotopaxi
Wie gewohnt erreichten wir die Grenze frühmorgens, sodass die Grenzbeamten zwar schon einen Kaffee hatten trinken können, aber noch nicht von unzähligen doofen Touristen genervt worden waren. Und wieder einmal ging der Plan auf – es klappte alles problemlos. Beim Einkaufen im ersten ecuadorianischen Supermarkt erwartete mich eine grossartige Überraschung: Es gab richtigen Raclettekäse! Etwas weniger erfolgreich waren wir beim Bargeldabheben – das klappte nämlich nicht, obwohl wir es bei fünf verschiedenen Banken und mit all unseren Karten probierten. Zum Glück hatten wir Reserven dabei... Nachdem die Alltagsaufgaben erledigt waren, fuhren wir zur Finca Sommerwind, wo wir mit dem deutschen Besitzer, Hans, und vielen Reisenden allerlei Tipps und Erfahrungen austauschten. Nicht zu unterschätzen: Hans verkauft Vollkornbrot, deutsches Essen und deutsches Bier!
Da wir unbedingt noch einen Brillenbären in der Wildnis sehen wollten, fuhren wir zum Mirador del Oso. Nomen est omen, wir sahen gleich am ersten Nachmittag fünf Stück! Hier, in der Nähe eines Nationalparks und in verlassenen Avocadohainen, fühlen sich die Bären pudelwohl.


Den nächsten Halt machten wir bei der Laguna Cuicocha. Dieser kollabierte Vulkankrater liegt umgeben von mindestens fünf weiteren Vulkanen und lädt dazu ein, um den Kratersee herumzuwandern. Dies taten wir auch, und zwar in Begleitung alter Reisefreunde. Ich bin ganz begeistert, dass ich trotz meiner Kniebeschwerden die 13km und über 600 Höhenmeter schaffte!
Danach durfte ein Besuch des berühmten Marktes in Otavalo natürlich nicht fehlen, wo wir uns Jacken und einen Beutel aus Alpakawolle kauften.



Auf einen Geheimtipp unser ecuadorianischen Freunde hin fuhren wir einen kleinen Umweg über den Páramo von Oyacachi. Da wir zuerst eine Zulassung kaufen mussten, fuhren wir erst recht spät in diese wunderbare, wenn auch von Nebel und Regenwolken verhangene Landschaft hinein. Um nicht in der Dunkelheit fahren zu müssen, schlugen wir ein wenig abgelegen von der Strasse unser Lager auf und fuhren am nächsten Morgen den Rest, aus dem Park hinaus und zum Start einer beliebten Wanderung. Dort wurden wir von den Rangern darauf hingewiesen, dass das Übernachten auf dem Páramo nicht erlaubt sei. Ups. Sie liessen uns die Wanderung trotzdem machen und wir genossen die verlassene Berg-See-Sumpflandschaft enorm. Weitere Brillenbären sahen wir nicht, aber deren Fressspuren waren überall.



Nach der kalten, nassen Nacht auf dem Páramo verwöhnten wir uns mit einem Besuch in Thermalquellen, welche an diesem Sonntag zwar recht voll, aber dennoch entspannend waren. Mithilfe unserer ecuadorianischen Freunde, Jack und Flo, buchten wir eine Woche Reiseurlaub auf dem Galapagos. Jack hatte Familie auf dem Archipel und Flo hatte dort ihren Doktor in Meeresbiologie gemacht (gah, wie cool ist das denn bitte!?). Abends besuchten wir die beiden auch gleich bei ihnen zu Hause, wo wir unser Biest stehen lassen durften, während wir auf San Cristóbal die Natur bewunderten. Jack hatte ihr Haus selber gebaut und es war einfach unglaublich!
Nach einem recht kurzen Flug von Quito über Guayaquil nach San Cristóbal warfen wir unser Gepäck in unsere Unterkunft und schauten uns zunächst einmal den kleinen Hafen der Hauptstadt der Galapagos an. Wir hatten ja schon gedacht, dass wir Seelöwen, Krabben, Schildkröten und Meerechsen sehen würden, aber dass die alle direkt im Hafen, am Malecon herumliegen würden, war dennoch eine Überraschung. Und die Seelöwen lagen nicht nur am Strand oder auf dem Steg herum, sondern überall. Überall!







Die ganze Woche verbrachten wir damit, die Seelöwen zu bestaunen, die Wanderwege der Insel zu erkunden, zu schnorcheln und zu tauchen. Da gerade die zweimonatige «Cold Season» war, war das Wasser frische 16 – 18°C kalt. Da hatten die Haie leider keinen Bock darauf (verständlich, nicht allzuweit weg, an anderen Inseln, war das Wasser fünf Grad wärmer), daher sahen wir keine. Dafür konnten wir uns auf die neugierigen Seelöwen konzentrieren, die und unter Wasser so einschätzten, wie wir sie an Land: «Oh du tollpatschiges Ding, was machst du denn da?»




Beim Zwischenhalt eines Tauchausfluges konnten wir mit den Meerechsen schnorcheln. Dass diese Kaltblüter bis zu einer Stunde in so kaltem Wasser aushalten, werde ich wohl nie richtig begreifen können. Wir sind ja Warmblüter und ohne Neopren hielt ich es keine 20 Minuten im Wasser aus. Da verstehe ich die Blaufusstölpel schon eher – bei den Temperaturen fühlten sich meine Füsse auch blaugefroren an!




Obwohl wir problemlos die ganze Zeit mit den Meeresbewohnern hätten verbringen können, kann man die Galapagos ja wohl nicht verlassen, ohne die berühmtesten Einwohner gesehen zu haben. Und so machten wir am letzten Tag noch einen Ausflug zur Galapaguera de Cerro Colorado, wo die Riesenschildkröten halbwild in einem geschlossenen Bereich aufgezogen und betreut werden. Das natürliche Habitat der grossen Tiere liegt nämlich für Touristen unerreichbar am unerschlossenen Ende der Insel.


Viel zu rasch war die Woche vorbei und wir flogen wieder zurück nach Quito. Jack half Marc, den Highlift an einem besseren Ort am Fahrzeug zu befestigen und während die beiden Jungs mit Schweissgerät und anderem Werkheug hantierten, kümmerte ich mich um die Wäsche und den restlichen Haushalt.



Da wir die beiden schon viel zu lange nicht mehr gesehen hatten, trafen wir Anni und Bene nochmals für drei Tage. Wir erkundeten gemeinsam Quito, wobei wir einen grossen Halt bei einer erst sieben Monate alten Schokoladenfabrik machten. Die kostenlose Fühung war ausgezeichnet und die Begeisterung und Leidenschaft des einheimischen Besitzers, der den Familienbetrieb nach vielen Jahren Zusammenarbeit mit einem schweizer Chocolatier gegründet hatte, machte alles umso spannender. Es war dann die Krönung, als wir alle seine 15 Geschmacksrichtungen probieren durften.






Gut mit Schokolade gefüttert fuhren wir am nächsten Tag in den Cotopaxi Nationalpark. Während Marc mit Anni und Bene auf einen auch gehörig hohen und steilen Berg neben dem wohl bekanntesten Vulkan Ecuadors stieg, spazierte ich um die Lagune und versteckte mich dann im Auto, weil der Wind feinen Vulkansand über die Hochebene peitschte, sodass man es draussen kaum aushielt.



Las Gachas bis Las Lajas
Auf dem Weg zum nächsten ikonischen Ziel in Kolumbien werden die Strassen immer steiler, enger und holpriger. Aber es ist den Umweg auf jeden Fall Wert: Der Bosque de Pandora (also der Wald von Pandora) birgt fantastische Landschaften! Wir trafen unsere Freunde Jack und Flo wieder und machten drei Wanderungen mit lokalen Führern, die uns von den vielen, tiefen Höhlen mit archäologischen Schätzen, der Inspiration der Avatar-Filme und den speziellen Mineralien in der Cueva de Oro erzählten.
Aber eines nach dem anderen: Zunächst besuchten wir das Refugio. Dies sind zwei relativ kleine Höhlen, die aber die Geologie der Region gut aufzeigen und in denen regelmässig Konzerte und Kinoveranstaltungen durchgeführt werden.


Als zweites kletterten, kraxelten und balancierten wir durch die «vertikalen Hügel» und bestaunten den unberührten und komplett überwachsenen Primärwald, der aufgrund seiner Steilheit nie richtig vom Menschen genutzt werden konnte.



Die dritte Wanderung führte uns durch die Cueva de Oro, die Goldhöhle. Tatsächlich glitzerten hier die Wände, als wären sie mit goldenen Kristallen übersät. Unglücklicherweise für unseren Geldbeutel war dies aber nur eine optische Illusion aus gelblichen Mineralien und Wassertropfen... Aber solche Kalkformationen wie in dieser Höhle hatten wir noch nie gesehen!

Auch unser nächstes Ziel war umwerfend. Die Ventanas de Tisquizoque betritt man über einen kurzen Wanderweg, der über eine lottrige Hängebrücke führt, woraufhin ein Monster den Eingang zur Höhle bewacht, in diese auch ein Fluss fliesst.


In der Höhle hat es wiederum eine Hängebrücke (diesmal etwas stabiler), sowie einen Hexenkessel, Sitzgelegenheiten... und eine Aussicht! Hier stürtzt der Fluss nämlich, aus der Höhle heraus, in mehreren Schritten fast 300 Meter in die Tiefe.



Im Vorfeld hatten wir über Instagram Kontakt zu einem kolumbianischen Landcruiser-Troopy-Overlanding-Paar gehabt, die uns zu sich nach Hause eingeladen hatten. Da wir nun in der Nähe waren, trafen wir Rob in seiner Nachbarstadt, wo er uns gleich half, einen Experten für unsere inzwischen komplett kaputte Kühlbox zu finden. Danach durften wir bei ihm und seiner Frau, Andrea, bleiben. Sie beherberten, unterhielten und fütterten uns, halfen uns mit dem Kontakt zum Kühlboxreparateur und, als sich herausstellte, dass der Kompressor, auf den die Herstellerfirma Engel so stolz ist, nach sieben Jahren irreparabel kaputt war, suchten sie für uns einen Ersatz.


Als wir einen weiteren Tag warten mussten, fuhren wir mit unseren beiden Troopies durch den nächstgelegenen Paramo. Dies ist eine Art von Ökosystem, welches nur in bestimmten Regionen Kolumbiens, Venezuelas und Ecuadors auf über 3000 Metern über Meer gibt. Als wir ankamen, hatten wir gerade einen Brillenbären verpasst, den eine Gruppe Fahrradfahrer keine halbe Stunde vor unserer Ankunft gesehen haben wollte. Trotz Einsatz von Teleobjektiven, Feldstechern und sogar der Drohne konnten wir den Bären leider nicht mehr sehen. Dafür genossen wir ein Gourmet-Picknick und die gute Gesellschaft. Nach den drei Tagen mit Rob und Andrea fiel es uns sehr schwer, uns von ihnen zu verabschieden. In der kurzen Zeit waren sie irgendwie fast wie Familienmitglieder geworden. Und wir bestellten bei ihrer Overlanding-Accessoires-Firma noch ein neues Kleidungsstück für Biest...



Über Bogota, wo wir die neue Kühlbox abholten, ging es weiter über schmale, matschige, steile Bergstrassen auf den Vulkan Machin. In dessen Krater gefindet sich eine altmodische Farm, auf deren Grundstück man campieren kann. Die Ein- und Ausfahrt war abenteuerlich, aber die Aufregung auf jeden Fall wert! Trotz des schlechten Wetters, was uns eine Wanderung zu den Öffnungen, aus welchen heisser Rauch aufsteigt, leider versaute, genossen wir zwei ruhige Nächte dort.



Eigentlich hatten wir geplant, die Bergstrasse, welche uns auf den Vulkan geführt hatte, weiter bis nach Salento zu fahren. Keine zwei Kilometer nach verlassen der Campingeinfahrt (welche wir teilweise seitwärts verlassen hatten) war jedoch die Strasse gesperrt. Um sie zu verbessern wurde eine Kurve betoniert. Der nasse Beton konnte noch nicht befahren werden und daneben hatte es leider keinen Platz für ein Auto – wieso auch? Die Lokalbevölkerung bewegte sich ja ohnehin fast ausschliesslich mit Motorrädern, Eseln und Pferden fort. Also fuhren wir die fast 45 Kilometer Bergpiste zurück, standen zwei Stunden im Stau auf der offiziellen Passstrasse, weil die Lastwagen in den Kurven nicht richtig kreuzen konnten, und kamen von der anderen Seite aus nach Salento.
Natürlich konnten wir Kolumbien nicht ohne Kaffeetour verlassen, weshalb wir in der Umgebung von Salento einen Halt bei einer Kaffeefarm machten. Hier wurde uns nochmals genau gezeigt, was die Unterschiede der beliebtesten Kaffeesorten waren, wie man diese am besten pflanzt und hegt, welche Möglichkeiten des Röstens welche Resultate ergeben und wie man den Kaffee am geschmackvollsten zubereitet.



Nun holten wir die Fahrt durch das Tal der Wachspalmen nach. Obwohl wir schon Fotos und Videos gesehen hatten und auf den Anblick vorbereitet hätten sein sollen, erschienen uns die bis zu über 50 Meter hohen Palmen, die auf 2000 – 3000 Metern über Meer in diesem Tal wachsen, irgendwie unwirklich.



Mit nur sechseinhalb Stunden Fahrt wechselte sich die Umgebung drastisch – wir kamen in der kleinen, aber feinen Tatacoa-Wüste an. Da wir uns nun in tieferen Höhenlagen befanden, war die Temperatur auch nachts sehr angenehm. Dies war für die Betrachtung des Sternenhimmels hilfreich – aber leider war es in einer Nacht bewölkt und in der zweiten war der Mond schon so hell, dass wir gar keine Lampen brauchten (er war nur halb voll). Die kurze Wanderung durch die Formationen der Wüste war aber sehr hübsch, auch wenn die Infrastruktur offensichtlich schon seit Jahren nicht mehr instand gehalten wurde und die versprochenen Fossilien nicht erkennbar waren.




Nach vielen, durch Baustellen verursachten Staus erreichten wir unseren zweitletzten Halt in Kolumbien: Wir fuhren die berüchtigte Todesstrasse «Trampolin de la Muerte». Verglichen mit anderen Hauptstrassen war diese in einem sehr guten Zustand und die Aussichten waren sehr schön. Es war die perfekte Strecke, um Biest seinen neuen Rucksack präsentieren zu lassen!



Kurz vor der Grenze nach Ecuador befindet sich Las Lajas. Hier wurde eine neugothische Kirche an den Berg und über eine Schlucht gebaut. Mit einer sehr langsamen Seilbahn, welche die meisten südamerikanischen Besucher (oder zumimdest unsere Mitfahrer) um ihr Leben fürchten lässt, erreicht man diese mindestens am Wochenende sehr beliebte Attraktion.



Cartagena bis Las Gachas
Da wir ja ohnehin warten mussten, bis die Fahrzeuge ankamen, nutzten wir die Zeit für eine Zahnreinigung und ein Blutbild, welches grösstenteils unbedenklich ausfiel. Nur Marcs Resultate wiesen auf eine allergische Reaktion hin, welche wir auf einige Nesseltiere im Meer zurückführten. Um die Zeit in der Stadt optimal auszunutzen, liessen wir unsere Beisserchen auch gleich reinigen und genossen die kulinarische Vielfalt einer Touristenhochburg – sogar typische bayrische Küche fanden wir!




Am Tag, an dem wir unser Airbnb verlassen, in ein Hostel umziehen und einige Unterschriften erledigen mussten, hatte Marc plötzlich hohes Fieber. Da unsere Medikamente nicht halfen und ich mir grosse Sorgen machte, liess ich einen englischsprachigen Arzt vorbeikommen (das ist in Cartagena verbreiteter, als selber in eine Praxis zu gehen). Dieser schloss Denguefieber, Malaria und weitere Tropenkrankheiten aus, liess zur Sicherheit sogar Marcs Brustkorb röntgen, hängte meinen Liebsten an fünf Infusionssäcke und verschrieb ihm eine lange Liste mit Medikamenten. Diese funktionierten immerhin bald, wobei wir trotzdem eine Nacht länger im Hostel blieben, obwohl wir unser Auto am nächsten Tag abholen konnten.



Kaum fühlte Marc sich wieder besser, wurde ich krank. Immerhin machte das weniger aus, da uns Marc trotzdem in Richtung Medellin fahren konnte, wo unser neues Starlink Mini auf uns wartete. Campieren mit Dachzelt war in Medellin nicht möglich – zumindest nicht so, dass wir uns wohl dabei gefühlt hätten – daher verbrachten wir zwei Nächte in offiziellen Unterkünften, um eine Tour durch die berüchtigte Comuna 13 zu machen und uns nochmals mit Andy und Nadeesha zu treffen. Wir genossen beides enorm!




Ausserdem nahmen wir uns die Zeit, das Escobar-Denkmal zu besichtigen. Es erstaunt uns immer wieder, wenn wir die verschiedenen Gesichter dieses Gangsters vorgeführt bekommen. Einerseits war er ein brutaler Drogenboss, andererseits wurde er von den Armen, für die er Häuser baute und die von seinem sozialen Engagement profitierten, richtiggehend verehrt.


Kolumbianische Instagram-Bekanntschaften hatten uns einen hübschen Campingplatz inmitten eines Naturschutzreservats und mit Wasserfall empfohlen, woraufhin wir dort anfragten und einen Platz für uns reservierten. Als wir aber die leichte Offroadstrecke dorthin fahren wollten, befand sich fast genau in der Mitte eine Barriere, wo uns mitgeteilt wurde, dass das Reservat leider für die nächsten vier Tage geschlossen sei. Wir könnten daher nicht weiterfahren. Nach einer weiteren Nacht, welche wir direkt an der Haupt-Bergstrasse verbrachten, erholten wir uns auf einem wunderschönen Bauernhof nur wenige Kilometer von Guatapé entfernt. Dort nutzten wir erstmals unser neustes Spielzeug, das Starlink Mini.
Auf dem Weg an unser nächstes Ziel erleben wir wieder einmal so richtig, wie viel länger es in Südamerika dauert, von einem Ort zum anderen zu fahren. Für die 500 Kilometer brauchten wir (auf zwei Tage verteilt, wir sind ja nicht doof) 14.5 Stunden. Es lohnte sich alleweil: Wir lernten sehr nette, niederländische Reisende kennen, sahen Silvain und Gladys nochmals (sie teilten ihren aus der Schweiz mitgebrachten Käse mit uns – himmlisch), erkundeten die hübschen Felsformationen des Los Estoraques-Parkes, wurden von einem lokalen Nachrichten-Team interviewt und lernten nettes Personal der Polizei kennen.




Aus der Bekanntschaft mit den Niederländern, Anniek und Jerry, ergab es sich, dass wir die Via Ferrera, eine alte, verfallene Zugstrecke, gemeinsam fuhren. Besonders schwierig war die Strecke nicht, aber die zweifelhaft wirkenden Brücken liessen das Adrenalin immer wieder ein wenig in die Höhe jucken.




In Bucaramanga mussten wir dann einen Zwischenstopp einlegen. Unsere Kühlbox lief leider schon seit über einer Woche nicht mehr so richtig und wir hatten online verschiedene auf Kühlschränke spezialisierte Werkstätte gefunden, welche wir nun besuchten. Unglücklicherweise konnte oder wollte uns niemand helfen. Die Suche nach einem willigen Reparateur war recht schwer und wir waren sehr dankbar, als uns Juan, ein in Bucaramanga lebender Camper, der uns auf unser Auto angesprochen hatte, dabei half. Juan telefonierte nicht nur mit zahllosen Spezialisten, sondern lud uns auch zu sich nach Hause zum Mittagessen ein und bot uns auch für den Rest unserer Reise im Land Hilfe an.
Eine letzte Nacht – passenderweise mit frischen Spätzle zum Abendessen – verbrachten wir doch nochmals auf demselben Campingplatz wie Anni, Bene, Sylvain und Gladys. Nach einem Pancake-Brunch gingen sie weiter klettern und wir fuhren nach San Gil, wo wir uns mit Jake und Hayley zum Tejospielen verabredet hatten.


Tejo ist ein typisch kolumbianisches Spiel, wobei eine kleine Metallscheibe auf eine mit feuchtem Ton bedeckte Zielscheibe geworfen wird. Grundsätzlich punktet die Person, welche ihre Scheibe (genannt Tejo) am nächsten an einen im Ton vergrabenen Metallring platziert. Der Spassfaktor wird durch kleine Tüten mit Schiesspulver erhöht, welche beim Ring angebracht sind und die explodieren, wenn sie getroffen werden. Explosionen geben natürlich mehr Punkte. Das Spiel ist laut, lustig und wir hatten grossen Spass, auch wenn wir nichts gewannen.



Nachdem wir uns am Morgen von Jake und Hayley mit einem in ihrem Van gemachten Latte Macchiato verwöhnen liessen, verabschiedeten wir uns auch von ihnen auf unbestimmte Zeit und fuhren nach Guadalupe, wo wir Las Gachas besuchten. Hier, inmitten von Hügeln, Weiden und Kühen, befindet sich ein sehr flacher Fluss, in dem sich über die Jahrhunderte viele tiefe Löcher gebildet haben. Wir hatten grossen Spass, die verschiedenen Löcher zu erkunden und hunderte von Kaulquappen zu erschrecken.

