top of page

2017 - Ukraine

  • valeskagehri
  • 23. Apr. 2017
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. März 2022

Der Flug via Wien ist etwas hektisch, daher sind wir froh, als wir im Hotel etwas ausserhalb von Kiew ankommen. Wir erkunden die Stadt zu Fuss und mit der Metro, die wir glücklicherweise trotz fehlender Sprachkenntnisse nutzen können. In der ganzen Stadt finden sich Denkmäler und Stände, die an die Vorkommnisse von 2014 erinnern. Es stehen sogar russische Panzer zur Schau, die in der Krim beschlagnahmt wurden.

Die Mutter-Heimat-Statue ist gigantisch. Wir nehmen uns vor, sie nochmals zu besichtigen. Natürlich besichtigen wir auch das Höhlenkloster, bis uns der Kopf vor lauter Heiliger brummt. Auch kulinarisch tauchen wir ein und geniessen fantastische ukrainische Kost.

Doch schon bald ist es Zeit, sich mit den Tourguides Tschernobyls zu treffen. Schon während der zweistündigen Fahrt halten wir an und finden viele Ruinen verlassener Dörfer. Die Regeln für den zweitägigen Ausflug werden sehr deutlich kommuniziert: Nichts anfassen! Wir spazieren durch das kleine Städtchen Tschernobyl, das gut erhalten und bewohnt ist. Im Andenken an die Katastrophe von 1986 wurden verschiedene eindrückliche Denkmäler errichtet.

Wir fahren mit dem Bus zum Reaktor, wo wir uns nur kurz aufhalten dürfen und die Reiseleiter uns viele Details zum Unfall und der Zeit danach erzählen. Besonders eindrücklich ist, dass der uns begleitende Polizist früher Liquidator beim Reaktorunfall war.

Eine weitere Person, die den Unfall erlebte und die wir besuchen dürfen, ist Ivan Ivanovich, ein achtzigjähriger Mann, der nach der Evakuierung nach Kiew krank wurde. Die Regierung erlaubte ihm, zurück auf seinen Hof zu gehen und dort in Ruhe zu sterben. Nur wurde er wieder gesund. Also musste er zurück nach Kiew, wo er wieder mit starken Strahlungssymptomen erkrankte. Nach vielen Wechseln wurden Messungen vorgenommen und entdeckt, dass Kiew viel mehr Strahlung aufwies als Ivans Hof in der Sperrzone. Er erhielt die Erlaubnis, mit seiner Frau dort als Selbstversorger zu leben.

Die Stadt Prypjat besichtigen wir natürlich auch. Der Beton des Hauptplatzes der einstmals 50 000 Menschen beherbergenden Stadt ist aufgebrochen hohe Bäume stehen überall. Ein Besuch beim verlassenen und inzwischen berühmten Rummelplatz ist sehr lehrreich. Es sei einer der am stärksten verstrahlten Orte der Stadt, was uns die Geigerzähler bestätigen.

Die Bilder, die sich uns in der Stadt zeigen, sind unglaublich ausdrucksstark. So viele Alltagsgegenstände wurden in der schnellen, wenn auch verspäteten Evakuation liegengelassen. So schnell verfallen die klobigen Betonbauten und die Natur kehrt zurück. So unwichtig scheint der Mensch plötzlich. Unser Einfluss auf die Natur wird aber auch deutlich. Viele Tiere leben in der Sperrzone: Wölfe, Bären, Hirsche, Rehe, Biber, Fische, … Den Tieren scheint es gut zu gehen, doch ein Fünftel des Wildes weist Mutationen auf. So kann beispielsweise das Biberfell nicht verwertet werden, weil es nicht schön aussieht. Die Bäume wachsen fast doppelt so schnell wie an anderen Orten, sterben aber auch nach der halben Zeit wieder.

Auf der Rückfahrt machen wir beim DUGA halt. Diese gigantische Radaranlage wurde tatsächlich über Jahre hinweg geheim gehalten und versteckt. Zwar gingen weltweit Beschwerden wegen spechtartigen Störgeräuschen im öffentlichen Rundfunk ein, doch erst nach der Einrichtung der Sperrzone wurde die Anlage bekannt.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Kiew und sehr gründlicher Dusche, nach der wir unsere «Tschernobyl-Kleider» entsorgen, fahren wir mit dem Zug nach Lviv. Eine Tour mit einer lokalen Studentin gibt uns Einblick in die vier Stadtviertel und die Geschichte der Stadt. Auf eigene Faust erkunden wir die Einkaufsmöglichkeiten (Markengeschäfte finden wir viele, unsere Einkaufsliste bleibt aber gleich), den riesigen Friedhof, den Schlossberg und die Restaurants. Wir sind begeistert! Diese Restaurants servieren nicht nur leckeres Essen, sondern sind gleich ein Erlebnis!

Viel zu schnell müssen wir nach Kiew zurück, wo wir gleich am Maidan eine Airbnb-Wohnung mieten. Bei unserem zweiten Besuch bei der Mutter-Heimat-Statue wagen wir uns in die Aussichtsplattform hinter dem Schild, von wo aus man eine gute Aussicht über Kiew hat. Der Weg nach oben ist interessant. Lift, Treppe, anderer Lift, steilere Treppe und zum Schluss eine sehr lange, ungesicherte, schwankende Leiter. Aber wir schaffen es!

Zurückblickend haben wir viele spannende, sympathische Personen kennenlernen dürfen. Von Polizisten und Bauern in der Sperrzone über Studentinnen in Lviv bis zu Airbnb-Vermieter und Uber-Fahrer in Kiew, alle waren offen, herzlich und versuchten, ihr Land auf ihre Weise etwas besser zu machen.

Wir wünschen ihnen allen alles Gute und viel Kraft!

 
 
 

Comments


bottom of page